Baskos Alopezie
Unser Rüde Basko war fünf Jahre alt, als er im Verlauf weniger Monate des Jahres 2022 fast sein gesamtes, prachtvolles Haarkleid verlor. Ausgehend von einzelnen kleineren kahlen Stellen weitete sich die Haarlosigkeit auf alle Gliedmaßen und den gesamten Körper aus. Zunächst war nur das schwarze Haar betroffen, später auch das braune, schließlich auch die weiße Pfotenbehaarung. Lediglich ein paar Büschelchen Schwarz auf dem Rücken und an der Rute sowie der weiße Brustlatz blieben erhalten. Eine derart rasante und quasi totale Alopezie (Haarverlust) ist bei Hunden extrem selten und bei Berner Sennenhunden weltweit praktisch unbekannt. Außer dem massiven Haarausfall hatte Basko keinerlei Krankheitssymptome. Insbesondere war er internistisch zeitlebens und dermatologisch bis dahin völlig gesund. Er bewegte sich völlig normal und sein Verhalten war unverändert munter und fröhlich. Allerdings brachte die totale Kahlheit erhebliche sekundäre Beeinträchtigungen mit sich. Baskos Haut war nicht mehr geschützt gegen Kälte und Nässe. Sie war in hohem Maße verletzungsanfällig (Kratzer, Schürfwunden), sei es beim Spielen mit anderen Hunden, sei es bei Spaziergängen durch Feld und Wald. Insbesondere waren seine unbehaarten Pfoten/Zehen permanent gerötet, wund und aufgerissen. Die Ellbogen und Fersen waren ebenfalls wundrot. Auch die Wimpern und Tasthaare fielen ihm aus, sodass einerseits seine Augen keinen Schutz mehr hatten und andererseits er wegen eingeschränkter Orientierung ständig irgendwo anstieß. Mit Sorge sehen wir auch dem Sommer entgegen, wenn Baskos nackte Haut schutzlos der Sonneneinstrahlung ausgesetzt sein wird.
Anfangs war die Haut noch sehr fettig und von Bakterien übersät. Linderung bewirkte hier noch ein Antibiotikum, Waschen mit einem dermatologischen Shampoo und Einreiben mit Spezialschaum.
Die Ursachensuche gestaltete sich schwierig und langwierig. Besuche bei mehreren Tierärzten blieben zunächst ohne gesicherte Diagnose und dementsprechend auch ohne klare Therapie-Empfehlung. Ein erster histologischer Befund vermutete zunächst das Vogt-Koyanagi-Harada-Syndrom. Dies konnte dann jedoch durch eine weitere klinische und histologische Untersuchung ausgeschlossen werden. Die abschließende Diagnose lautete stattdessen auf Alopecia areata, eine Autoimmunerkrankung, für die diverse genetische Faktoren ebenso verantwortlich sein können wie hormonelle Dysbalancen u. a.Verschiedene medikamentöse Therapie-Optionen – Kortison, Cyclosporin, Oclacitinib verwarfen wir wegen des Risikos möglicher Nebenwirkungen. Wir wollen lieber einen nackten, aber ansonsten gesunden und lebensfrohen Basko als einen vielleicht(!) wieder (teil-)behaarten, aber leidenden. Die abschließende tierärztliche Vermutung war: Falls Basko wieder Haare bekommt, dann werden sie weiß sein.Wir haben uns entschlossen, Baskos Erkrankung auf diesem Wege öffentlich zu machen, um damit anderen möglicherweise betroffenen Besitzern von Berner Sennenhunden Informationen, aber auch Hoffnung zu geben.
Und mit der fotografisch umfassend dokumentierten Geschichte von Basko wollen wir auch einen Beitrag leisten zur Unterstützung der veterinärmedizinischen Forschung.
An dieser Stelle möchten wir allen involvierten Tierärztinnen und Tierärzten danken für ihr Interesse an Baskos Zustand und Befinden und für ihre engagierten Bemühungen, ihm und uns zu helfen. Ganz besonderer Dank geht an die Abteilung klinische Dermatologie im Departement für klinische Veterinärmedizin der Universität Bern, und hier ganz besonders an deren Leiterin, Frau Prof. Dr. Petra Roosje, ebenso an Frau Teresa Bilotta von der Abteilung Ophthalmologie. Beiden Damen sind wir von Herzen dankbar für ihre fachlich und kommunikativ-empathisch gleichermaßen beeindruckende Hilfe.
Chronik
Die folgende Chronik zeigt den Verlauf von Baskos Erkrankung seit Beginn (Mitte März 2022) und den sich rasant entwickelnden Haarausfall, der innerhalb von drei Monaten zum totalen Haarverlust führte. Die Chronik wird laufend fortgeführt.
18. März 2022
Basko bekommt über dem rechten Auge das erste weiße Haar.
Parallel: Durch das Nachlassen des Hormonchips gerät Basko in enormen Stress. Er frisst sehr schlecht, nimmt ab und ist nicht mehr er selbst.
25. Mai 2022
Basko hat Anfang April erneut einen Hormonchip bekommen, weil er immer mehr an Gewicht verloren hatte. Über dem rechten Auge gibt es jetzt ein paar mehr weiße Haare; auch über dem linken Auge sind die ersten weißen Haare sichtbar. Der Kontakt mit der Züchterin ergab den
Verdacht: Vitiligo (Weißfleckenkrankheit).
Baskos Bruder, bei dem Vitiligo nachgewiesen wurde, wurde mit drei Jahren komplett weiß, seine Tante hatte eine große weiße Fläche am Kopf.
30. Mai 2022
Baskos Augen tränen (Verlust der Wimpern ???) und er hat stark schuppige Haut auf der Schnauze.
10. Juni 2022
Basko bekommt um die Augen herum immer mehr schuppige Haut.
18. September 2022
Basko verliert Haare um die Augen herum.
Die ersten kahlen Stellen sind am Hinterkopf, am Hals und an der Schulter zu sehen.
9. Oktober 2022
Baskos Haarverlust schreitet schnell voran. Zu dieser Zeit ist nur das schwarze Fell vom Haarausfall betroffen.
22. Oktober 2022
Baskos weiße Haare an der Schnauze gehen aus. Ebenso sind die Tasthaare und die Wimpern verschwunden.
15. November 2022
Tierärztliche Untersuchung
Augenuntersuchung zum Ausschluss von Vogt-Koyanagi-Harada-Syndrom (VKH) kein Verdacht
Narkose Biopsien Verdacht auf Alopecia areata.
Verschiedene Vorschläge zu medikamentösen Therapieversuchen.
Wir entscheiden uns gegen eine solche, für uns mit vielen Fragezeichen versehene Therapie.
11. Dezember 2022
Zum Schutz vor Kälte und Verletzungen trägt Basko einen Overall.
Weil er oft den Kopf schüttelt, sind die Ohrspitzen wund und blutig geworden. Dagegen trägt er einen Ohrschutz. Den Ohrschutz mag er nicht. Um ihn los zu werden, reibt er mit den Augenbrauen auf dem Boden und wird dabei oft wund.
14. Dezember 2022
Der Haarausfall an Pfoten und Schnauze weitet sich aus. Basko hat kaum mehr Tasthaare, was dazu führt, dass er immer wieder irgendwo anstößt.
19. Dezember 2022
Basko ist jetzt fast nackt. Auch die Behaarung an der Rute wird immer dünner. Die Ohrspitzen sind immer noch rot und bluten oft.
28. Dezember 2022
Komplementärmedizinische Haaranalyse – Berberis D 30
Bachblüten Nr. 1, 10, 26 und 36, das sind Agrimony, Crab Apple, Rock Rose und Wild Oat
13. März 2023
Baskos weiße Schwanzspitze kommt wieder zum Vorschein. Parallel dazu wachsen an der oberen Rutenhälfte weiße Haare, die im Gegensatz zur sonstigen, weichen Behaarung borstig sind.
Baskos Ellbogen und Fersen sind nach wie vor sehr empflindlich. Die Haut ist weich, rosarot und unbehaart.
14. April 2023
Baskos Front ist gut behaart und sogar Fahnen wachsen an den Vorderbeinen. Einige Körperstellen sind noch nackt oder wenig behaart, aber man sieht überall feine weiße Härchen sprießen.
Frühjahr 2024
Basko verliert hin und wieder an seinen Krallen die Krallenplatten. Vermutlich eine Folge der Autoimmunerkrankung.
Eine Kralle hat sich danach schmerzhaft entzündet und Basko musste mit Antibiotika und Schmerzmitteln behandelt werden.
Baskos Galerie des Krankheitsverlaufs
Persönliches
Als Basko im März 2022 seine ersten weißen Haare über den Augen bekam, war ich zunächst überrascht, dann sehr besorgt, da der Verdacht auf Vitiligo (Weißfleckenkrankheit) im Raum stand. Sein Bruder war mit drei Jahren komplett weiß geworden, seine Tante hatte eine große weiße Fläche am Kopf.
Basko war für mich ein tolles Fotomodell gewesen, insbesondere für den von mir fotografierten Bernese Mountain Dog Calendar. Mit der Zeit gewöhnte ich mich an den Gedanken, dass ich ihn nicht mehr als Modell würde benutzen können. Im August veränderte sich dann sein Fell, wurde glatter, anders in der Struktur, auch dünner. Erst freute ich mich darüber, weil Basko ziemlich lockig war. Beim Bürsten verlor er viele Haare, was ich der Sommerhärung zuschrieb. Im September wurden die ersten kahlen Stellen an seinem Kopf sichtbar, an das, was uns noch erwartete, dachte ich nicht im Traum. Von da an aber war der Haarverlust rasant. Der Anblick unseres zunehmend nackter werdenden Berner Sennenhundes war auch für uns zunächst gewöhnungsbedürftig. Aber Basko war ja nach wie vor der gewohnt temperamentvolle, fröhliche Kerl. Je nackter er wurde, desto mehr überkam mich Rührung. Er sah so anders, so verletzlich aus. Und tatsächlich war und ist er immer wieder neu verletzt. Der ständige Versorgungs- und Betreuungsaufwand entwickelte sich zu einer erheblichen Belastung. Große Sorgen machten mir seine Ohren, die er beim Schütteln ständig blutig schlug. Alle mögliche Arten von Kopfschutz probierte ich aus, aber keiner war richtig wirksam und so richtig gut wollten die Ohren deshalb nicht werden. Um den Kopfschutz los zu werden, rieb Basko sich mit Kopf, Stirn, Augenbrauen am Boden und verletzte sich auch dabei immer wieder neu. Um seinen Körper zu schützen, zog ich ihm einen Body an. So war die Haut wenigstens ein bisschen vor Ästen, Gestrüpp und Dornen, aber auch vor anderen Hunden geschützt. Gegen die Kälte bekam er Overalls und Winterjacken. Als die Pfoten zusehendes kahler und blutig wurden, zog ich ihm Schuhe an, was dazu führte, dass er sich Blasen lief.
Manchmal hatte ich das Gefühl, ein Loch zu- und damit ein neues aufzumachen. Und doch hatten und haben wir so viel Freude an Basko. Seine unerschütterliche Fröhlichkeit ist so erfrischend. Ich fing sogar an, ihn schön zu finden. Seine nackte Haut fühlte sich anfangs seltsam und etwas speckig an, aber er genoss es sichtlich, gestreichelt zu werden. Für ihn schien sich nichts geändert zu haben. Er genoss und genießt die erhöhte Aufmerksamkeit und Zuwendung, die zusätzlichen Privilegien, die besonders weiche Kuscheldecke, den Platz auf dem Sofa.
Weihnachten 2022 brachte uns ein ganz besonderes Geschenk. Wir entdeckten, dass neue, weiße, zartflaumige Härchen begannen, an Baskos Kopf, Schnauze und Pfoten zu sprießen. Man konnte geradezu mitansehen, wie diese Härchen wuchsen und sich verdichteten. Seither breiten sich die weißen Haare immer rascher und weiter aus und geben Basko ein ganz neues, feines Aussehen. Wir sind gespannt, wie er sich in Zukunft verändern wird und werden hier auch darüber berichten. Wir hoffen natürlich, dass Basko bald wieder völlig und prächtig behaart sein wird. Wie auch immer die Geschichte weitergeht, Basko wird nicht aufhören, mein Herzbewohner zu sein.